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Stellt das Scannen von Porträtbildern als Privatkopien eine Urheberrechtsverletzung dar?

Die Schrankenregelung des § 53 Abs. 1 UrhG ist nicht einschränkend dahin auszulegen, dass sie lediglich eine Vervielfältigung veröffentlichter Werke erlaubt. Infolgedessen stellt das Scannen von Porträtbildern als Privatkopien durch den Porträtierten keine Urheberrechtsverletzung dar – BGH 19.3.2014, I ZR 35/13.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist freischaffende Porträtkünstlerin. Sie hatte im Oktober 2009 digitale Fotografien vom Beklagten und dessen Nachbarin gemacht. Später bearbeitete sie die Fotos an ihrem Computer, druckte die – von ihr als Entwürfe angesehenen – Bearbeitungen aus und überließ die Ausdrucke der Nachbarin des Beklagten zur Ansicht. Diese erlaubte daraufhin dem Beklagten, die Ausdrucke in seine Wohnung mitzunehmen. Dort scannte der Beklagte drei Fotobearbeitungen, auf denen er abgebildet war, ein und speicherte die Dateien auf seinem Computer ab.

Die Klägerin sah darin eine unerlaubte Vervielfältigung ihrer Fotoarbeiten und einen Eingriff in ihr Urheberpersönlichkeitsrecht. Sie nahm den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch, von ihr geschaffene und ihn zeigende Bildnisarbeiten zu vervielfältigen. Darüber hinaus beantragt sie, den Beklagten zu verurteilen, die Besichtigung seines Computers durch einen Sachverständigen zuzulassen, Schadensersatz zu zahlen und die Abmahnkosten zu erstatten.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BGH blieb erfolglos.

Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Unterlassung gem. § 97 Abs. 1 UrhG, Besichtigung gem. § 101a Abs. 1 UrhG, Schadensersatz gem. § 97 Abs. 2 UrhG und Erstattung von Abmahnkosten gem. § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F.

Der Beklagte hatte durch das Einscannen und Abspeichern der bearbeiteten Fotografien keine durch das Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte der Klägerin verletzt. Zwar hatte er durch das Einscannen der Ausdrucke und Abspeichern der Dateien in das ausschließliche Recht der Klägerin aus § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG zur Vervielfältigung ihrer urheberrechtlich geschützten Fotoarbeiten eingegriffen. Dieser Eingriff war jedoch von der Schrankenregelung des § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG gedeckt. Die Vervielfältigungen dienten im vorliegenden Fall weder Erwerbszwecken noch hatte der Beklagte zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet.

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Vermeintliches Immendorff-Bild muss nicht vernichtet werden

Nach § 23 S. 1 UrhG dürfen auch Bearbeitungen oder Umgestaltungen eines Kunstwerkes veröffentlicht und verwertet werden, sofern der Künstler (hier: Jörg Immendorff) hierzu seine Einwilligung erteilt hat. Hat der Künstler in der Vergangenheit Direktverkäufe von Gemälden in seinem Atelier durch seine Mitarbeiter zumindest geduldet, so hat er den Anschein entstehen lassen, er willige in den Verkauf und damit die Veröffentlichung und Verwertung der in seinem Atelier veräußerten Werke als „seine“ Werke ein – OLG Düsseldorf 5.8.2014, I-20 U 167/12.

Der Sachverhalt:
Die Witwe des verstorbenen deutschen Künstlers Jörg Immendorff begehrte mit ihrer Klage die Vernichtung des Immendorff-Gemäldes „Ready-Made de l´Histoire dans Café de Flore“. Sie behauptete, es handele sich um eine Fälschung bzw. ein ohne Zustimmung Immendorffs veräußertes Werk. Der Bruder des Beklagten hatte das Gemälde – angeblich im Jahr 1999 – im Atelier Immendorffs erworben. Der Kauf des streitgegenständlichen Gemäldes wurde durch einen im Atelier tätigen Mitarbeiter abgewickelt. Laut dem Ergebnis der Beweisaufnahme duldete Immendorff solche Direktverkäufe von Gemälden in seinem Atelier durch seine Mitarbeiter zumindest.

Das LG gab der Klage statt. Auf die Berufung des Beklagten hob das OLG nun die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Verbreitung des Werkes war rechtmäßig.

Die Gesamtumstände beim Erwerb des Gemäldes in Immendorffs Atelier waren als Einwilligung des Künstlers in die Veröffentlichung und Verwertung des Werkes i.S.d. § 23 S. 1 UrhG zu bewerten. Danach dürfen auch Bearbeitungen oder Umgestaltungen eines Werkes veröffentlicht und verwertet werden, sofern der Künstler hierzu seine Einwilligung erteilt hat. Immendorff hatte, so das Ergebnis der Beweisaufnahme, Direktverkäufe von Gemälden in seinem Atelier durch seine Mitarbeiter zumindest geduldet. Infolgedessen hat er also den Anschein entstehen lassen, er willige in den Verkauf und damit die Veröffentlichung und Verwertung der in seinem Atelier veräußerten Werke als „seine“ Werke ein.

Auf diesen von Immendorff gesetzten Rechtsschein durfte sich der Käufer verlassen, selbst wenn der Mitarbeiter im konkreten Fall ein von Immendorff nicht legitimiertes Gemälde veräußert haben sollte. Außerdem fehlte es an Anhaltspunkten dafür, dass der Erwerber Kenntnis vom Fehlen einer entsprechenden Einwilligung Immendorffs in Bezug auf das konkrete Werk hatte oder hätte haben müssen. An diesen rechtlichen Umständen musste sich auch  Immendorffs Witwe als Erbin festhalten lassen.

Auf die Frage, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Gemälde um eine Fälschung oder – woran auch der Senat erhebliche Zweifel hegte – um eine Schöpfung des Künstlers Immendorff selbst handelte, kam es deshalb nicht mehr an. Gleiches galt für die Frage, ob das beim Kauf übergebene „Echtheitszertifikat“ tatsächlich von Immendorff stammte. Aufgrund des von Immendorff gesetzten Rechtsscheins konnte die Klägerin auch keine Kennzeichnung des Werkes als Fälschung oder eine Schwärzung, alternativ Entfernung der Signatur verlangen.

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§ 23 UrhG – Bearbeitungen und Umgestaltungen

Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden. Handelt es sich um eine Verfilmung des Werkes, um die Ausführung von Plänen und Entwürfen eines Werkes der bildenden Künste, um den Nachbau eines Werkes der Baukunst oder um die Bearbeitung oder Umgestaltung eines Datenbankwerkes, so bedarf bereits das Herstellen der Bearbeitung oder Umgestaltung der Einwilligung des Urhebers.

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Zur Vergütungspflicht von Druckern und PCs

Drucker und PCs gehören zu den vergütungspflichtigen Vervielfältigungsgeräten nach §§ 54, 54a UrhG in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung. Nach der seit Januar 2008 geltenden Regelung besteht ein Vergütungsanspruch hinsichtlich sämtlicher Geräte und Speichermedien, deren Typ zur Vornahme von bestimmten Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch benutzt wird. Der Vergütungsanspruch hängt danach nicht mehr davon ab, dass die Geräte oder Speichermedien dazu bestimmt sind, ein Werk auf eine bestimmte Weise zu vervielfältigen – BGH 3.7.2014, I ZR 28/11.

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BGH zur Vergütung für die Nutzung von Musik in Tanzschulen

Im Hinblick auf die Vergütung für die Nutzung von Musik in Tanzschulen und den damit in Verbindung stehenden Gesamtverträgen mit der GEMA sowie der GVL entscheidet das OLG aufgrund des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes nach „billigem Ermessen“. Der Umstand, dass in den letzten Jahrzehnten die Bedeutung ausübender Künstler bei der öffentlichen Wiedergabe von Musikwerken gewachsen ist, wirkt sich bei der gewöhnlichen Nutzung von Musik in Tanzschulen nicht maßgeblich aus, weil der Interpret des Musikstücks dabei nicht im Vordergrund steht – BGH 18.6.2014, I ZR 214/12.

Der Sachverhalt:
Bei den Beklagten handelte es sich um drei Vereine, zu deren Mitgliedern zahlreiche Tanzschulen und Ballettschulen gehören. Diese geben bei Tanzkursen oder im Ballettunterricht auf Tonträgern aufgenommene Musik wieder. Dafür zahlten sie zuletzt sowohl an die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte (GEMA) als auch an die Klägerin, die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), jeweils eine Vergütung.

Die GEMA erhielt bisher die Vergütung für die Nutzung der Urheberrechte der von ihr vertretenen Komponisten und Textdichter. Die Klägerin beanspruchte die Vergütung für die Nutzung der von ihr wahrgenommenen urheberrechtlich geschützten Leistungsschutzrechte der Interpreten und Tonträgerhersteller. Zwischen der Klägerin und den Beklagten bestanden Gesamtverträge, wonach die Beklagten für die Wiedergabe von Tonträgern eine Vergütung i.H. Zuschlags von 20% auf den einschlägigen Tarif der GEMA zu zahlen hatten. Danach erhielten die GEMA 5/6 und die Klägerin 1/6 der von den Beklagten für die Musiknutzung insgesamt zu zahlenden Vergütung.

Die Klägerin beantragte beim OLG München die gerichtliche Festsetzung neuer Gesamtverträge. Sie war der Ansicht, der im bisherigen Gesamtvertrag vereinbarte 20%-ige Zuschlag auf den GEMA-Tarif sei auf einen 100%-igen Zuschlag zu erhöhen, weil die Leistungen der Leistungsschutzberechtigten und der Urheber gleichwertig seien. Das OLG, das Gesamtverträge aufgrund des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes nach „billigem Ermessen“ festsetzen muss, erhöhte die Vergütung in den neuen Gesamtverträgen zwischen der Klägerin und den Beklagten und bestimmte einen 30%-igen Zuschlag auf den GEMA-Tarif.

Auf die Revisionen der Klägerin und zweier Beklagter hob der BGH die Entscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Zwar durfte sich das OLG für die Frage der Angemessenheit des Zuschlags auch in den vorliegenden Fällen an der bisherigen, jahrzehntelang praktizierten Vergütungsregelung orientieren. Es hatte aber nicht überzeugend begründet, weshalb eine Vergütung i.H. eines 30%-igen Zuschlags auf den GEMA-Tarif der Billigkeit entsprach. Insbesondere hatte es die Erhöhung der Vergütung mit einer in den letzten Jahrzehnten gewachsenen Bedeutung ausübender Künstler bei der öffentlichen Wiedergabe von Musikwerken begründet, obwohl es selbst davon ausgegangen war, dass dieser Umstand sich bei der gewöhnlichen Nutzung von Musik in Tanzschulen nicht maßgeblich auswirke, weil der Interpret des Musikstücks dabei nicht im Vordergrund stehe.

Außerdem hatte das OLG mit unzutreffenden Erwägungen die Vergütungsregelungen für die ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller einerseits und die Musikurheber andererseits im Bereich der Kabelweitersendung, der privaten Vervielfältigung und des Hörfunks nicht in die Beurteilung einbezogen.

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Einschränkung eines Downloads für ein Hörbuch nur zum Eigengebrauch ist zulässig

Zwar kann dem Erwerber eines physischen Datenträgers nicht verboten werden, den Datenträger nebst Datei frei weiter zu veräußern. Im Download erworbene Audiodateien wie etwa Hörbücher dürfen allerdings so verkauft werden, dass dem Käufer das Kopieren und Weiterveräußern der erworbenen Computerdatei untersagt wird – OLG Hamm 15.5.2014, 22 U 60/13.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist ein in Münster ansässiger Online-Versandhandel. Sie vertreibt über ein Internetportal Literatur in gedruckter Form, als Ebooks oder als Hörbücher mittels Audiodateien. Ihre digitalen Produkte bietet sie auf physischen Datenträgern wie etwa CDs oder als Download an. Bei Letzterem kann der Kunde die Datei auf einem eigenen physischen Datenträger wie etwa der Festplatte seines PC speichern.

Bei der zuletzt genannten Vertriebsform verwendet die Beklagte AGB, die dem Kunden ein „einfaches, nicht übertragbares“ Nutzungsrecht „ausschließlich zum persönlichen Gebrauch“ verschaffen und es ihm u.a. untersagen, den Download „zu kopieren“ oder „weiter zu veräußern“. Der klagende Verein aus Berlin, der Verbraucherinteressen wahrnimmt, hielt die AGB für unzulässig. Er war der Ansicht, die Beklagte könne die Weiterveräußerung des erworbenen Werkes nicht verbieten. Das untersage die in § 17 UrhG geregelte „Erschöpfungswirkung“. Danach dürfe ein urheberrechtlich geschütztes Werkstück, das mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gebracht wurde, frei weiterveräußert werden.

Das LG wies die Unterlassungsklage ab. Die Berufung des Klägers blieb vor dem OLG Hamm erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der beanstandeten AGB gem. § 1 UKlaG. Schließlich war keine der streitigen Regelungen nach §§ 307 – 309 BGB unwirksam.

Die Regelung der „Erschöpfungswirkung“ in § 17 UrhG war nicht einschlägig. Sie galt nicht für zum Download im Internet bereitgestellte Audiodateien. Einschlägig war vielmehr die Regelung des § 19a UrhG über das Recht der öffentlichen Weiterverbreitung. Um eine solche Weiterverbreitung geht es, wenn im Wege des Downloads erworbene Dateien einen anderen Nutzer überlassen werden. Danach wird das Verbreitungsrecht des Urhebers bei im Wege des Downloads erlangten Dateien nicht „erschöpft“. Infolgedessen untersagte die Regelung auch die in Frage stehende Vertragsklausel nicht, die im Übrigen gegen keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften verstieß.

Somit kann dem Erwerber eines physischen Datenträgers zwar nicht verboten werden, den Datenträger nebst Datei frei weiter zu veräußern. Doch kann der Händler dem Erwerber einer „downgeloadeten“ Datei die Veräußerung der Datei – auch nach ihrer Verkörperung auf einem Datenträger – in ihren AGB vertraglich untersagen.

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Urheberschutz für spirituelle Texte

Für spirituelle Texte, die nach Behauptung ihres Verfassers auf übersinnliche Inspirationen zurückgehen oder in aktiven Wachträumen empfangen worden sein sollen, besteht Urheberschutz. Für die Begründung von Urheberschutz kommt auf den tatsächlichen Schaffensvorgang an, während der geistige Zustand des Werkschaffenden unerheblich ist – OLG Frankfurt a.M. 13.5.2013, 11 U 62/13.

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Zur Rechteeinräumung bei Synchronsprechern

Vertragliche Regelungen, welche die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte (hier: Rechteeinräumung bei Synchronsprechern) und damit unmittelbar den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht bestimmen, gehören zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung und sind regelmäßig der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB entzogen. Auch die Bestimmungen der § 88 Abs. 1, § 89 Abs. 1 und § 92 Abs. 1 UrhG sind Auslegungsregeln und kommen als Maßstab einer Inhaltskontrolle nicht in Betracht – BGH 17.10.2013, I ZR 41/12.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der als Satzungszweck u.a. die Interessen der Synchronschauspieler wahrnimmt. Die Beklagte stellt Synchronfassungen insbesondere von Spielfilmen her. Sie legt ihren Verträgen mit Synchronschauspielern eine Mustervereinbarung zugrunde, die eine umfassende Rechteeinräumung im Hinblick auf das synchron Gesprochene enthält. Der Kläger hielt diese Klauseln für unwirksam und nahm die Beklagte gestützt auf § 1 UKlaG i.V.m. § 307 BGB auf Unterlassung der Verwendung dieser Regelungen in Anspruch.

Das LG wies die Klage ab; das OLG wies sie ebenfalls weitestgehend ab. Die Revision des Klägers blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Die vom Kläger beanstandeten Klauseln verstoßen nicht gegen § 307 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. mit § 37 Abs. 1, § 31 Abs. 5, §§ 88 ff. UrhG.

Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine zur Unwirksamkeit einer AGB führende unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Daran fehlte es jedoch im vorliegenden Fall. Entgegen der Auffassung des Klägers führen § 31 Abs. 5 UrhG und die in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Übertragungszwecklehre, wonach in Verträgen des Urhebers über sein Urheberrecht im Zweifel keine weitergehenden Rechte eingeräumt werden, als dies der Zweck des Nutzungsvertrages erfordert, nicht zur Unwirksamkeit der beanstandeten Klauseln.

Eine Anwendung der Auslegungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG und seines Schutzgedankens kommt als Maßstab einer Inhaltskontrolle von AGB nicht in Betracht. Vertragliche Regelungen, die – wie hier – die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte und damit unmittelbar den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht bestimmen, gehören zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung. Sie sind deshalb regelmäßig der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB entzogen. Gegen die Annahme eines Leitbildcharakters des § 31 Abs. 5 UrhG im Rahmen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle spricht ferner der für diese Bestimmung anzuwendende konkret-individuelle Prüfungsmaßstab, während bei der Inhaltskontrolle ein abstrakt-genereller Maßstab zugrunde zu legen ist.

Das Berufungsgericht hatte zudem zutreffend angenommen, dass auch die Regelung des § 88 Abs. 1 UrhG als Sondervorschrift gegenüber § 31 Abs. 5 UrhG kein gesetzliches Leitbild i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellt. Voraussetzung für die Qualifizierung einer Regelung als Leitbild i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine gesetzliche Grundentscheidung im Sinne eines Gerechtigkeitsgebots. Daran fehlt es im Hinblick auf § 88 Abs. 1 UrhG ebenso wie in Bezug auf die weiteren Bestimmungen gem. § 89 Abs. 1 u. § 92 Abs. 1 UrhG. Diese Vorschriften sind wie § 31 Abs. 5 UrhG und der Übertragungszweckgedanke bloße Auslegungsregeln.

Das Berufungsgericht hatte schließlich angenommen, dass der Verwerter in der Filmbranche selbst dann ein schützenswertes Interesse an einer umfassenden Rechteübertragung habe, wenn man von einer urheberrechtlichen Prämisse einer möglichst geringen Aufgabe der Ausschließlichkeitsrechte ausgehe. Auch diese Beurteilung ließ keinen Rechtsfehler erkennen.

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Umgehung der Schutzsysteme einer Videospielkonsole kann unter gewissen Umständen rechtmäßig sein

Die Umgehung des Schutzsystems für eine Videospielkonsole kann unter bestimmten Umständen rechtmäßig sein. Der Hersteller der Konsole ist gegen Umgehungshandlungen nur geschützt, wenn die Schutzmaßnahmen darauf abzielen, die Benutzung nachgeahmter Videospiele zu verhindern – EuGH 23.1.2014, C-355/12.

Der Sachverhalt:
Nintendo vertreibt zwei Arten von Systemen für Videospiele: die tragbaren „DS“-Konsolen und die stationären „Wii“-Konsolen. In die Konsolen baut sie ein Erkennungssystem ein und installiert auf dem Träger des Videospiels einen verschlüsselten Code, wodurch die Verwendung illegaler Kopien von Videospielen verhindert wird. Diese technischen Schutzmaßnahmen verhindern den Start von nicht mit dem Code versehenen Spielen auf einem Nintendo-Gerät sowie die Verwendung von nicht von Nintendo stammenden Programmen, Spielen und generell Multimedia-Inhalten auf den Konsolen.

PC Box vertreibt Original-Nintendo-Konsolen mit zusätzlicher Software, die aus Anwendungen unabhängiger Hersteller („homebrews“) besteht, zu deren Verwendung auf den Spielkonsolen Geräte von PC Box installiert werden müssen, durch die die technischen Maßnahmen zum Schutz der Konsolen umgangen und deaktiviert werden. Nintendo meint, die Geräte von PC Box bezweckten in erster Linie, die technischen Maßnahmen zum Schutz ihrer Spiele zu umgehen. Nach Ansicht von PC Box geht es hingegen Nintendo darum, die Verwendung unabhängiger Software zu verhindern, die keine illegale Kopie von Videospielen sei, sondern es ermöglichen solle, Filme, Videos und MP3-Dateien auf den Konsolen abzuspielen.

Das mit dem Rechtsstreit befasste Tribunale di Milano ersucht den EuGH um Klärung des Umfangs des Rechtsschutzes, den Nintendo nach der Richtlinie über die Harmonisierung des Urheberrechts beanspruchen kann, um die Umgehung der getroffenen technischen Maßnahmen zu bekämpfen.

Die Gründe:
Computerprogramme sind als eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers nach der Richtlinie geschützt. Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten, einen angemessenen Rechtsschutz gegen die Umgehung wirksamer „technischer Maßnahmen“ vorzusehen, um nicht genehmigte Handlungen in Form von Vervielfältigungen, der öffentlichen Wiedergabe oder Zugänglichmachung von Werken oder der Verbreitung von Werken zu verhindern oder einzuschränken. Die technischen Maßnahmen, die sowohl in die physischen Träger der Videospiele als auch in die Konsolen integriert sind und eine Interaktion untereinander erfordern, fallen unter den Begriff der „wirksamen technischen Maßnahmen“ i.S.d. Richtlinie, wenn sie bezwecken, Handlungen zu verhindern oder zu beschränken, die die Rechte des Betroffenen verletzen.

Der Rechtsschutz gilt nur für technische Maßnahmen, die diejenigen nicht genehmigten Handlungen verhindern oder unterbinden sollen, für die die Genehmigung des Inhabers eines Urheberrechts erforderlich ist. Dieser Rechtsschutz muss den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren und darf keine Vorrichtungen oder Handlungen untersagen, die einen anderen wirtschaftlichen Zweck oder Nutzen haben als die Umgehung der technischen Schutzvorkehrungen zu rechtswidrigen Zwecken. Der Umfang des Rechtsschutzes für technische Maßnahmen ist dabei nicht nach dem Verwendungszweck zu beurteilen, der den Spielkonsolen vom Inhaber der Urheberrechte zugeschrieben worden ist; vielmehr sollte der Zweck der zur Umgehung der Schutzmaßnahmen vorgesehenen Vorrichtungen unter Berücksichtigung der Art und Weise, wie Dritte die Konsolen tatsächlich verwenden, geprüft werden.

Das vorlegende Gericht wird daher zu prüfen haben, ob andere wirksame Schutzmaßnahmen zu geringeren Beeinträchtigungen oder Beschränkungen der Handlungen Dritter führen, dabei aber einen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen bieten könnten. Dazu sollte das Gericht die Kosten der verschiedenen Arten technischer Maßnahmen, die technischen und praktischen Aspekte ihrer Durchführung und einen Vergleich ihrer jeweiligen Wirksamkeit in Bezug auf den Schutz der Rechte des Betroffenen berücksichtigen, wobei diese Wirksamkeit nicht absolut sein muss. Das vorlegende Gericht kann auch prüfen, ob die Geräte von PC Box häufig zum Abspielen nicht genehmigter Kopien von Nintendo-Spielen auf Nintendo-Konsolen benutzt werden oder ob sie vielmehr zu Zwecken verwendet werden, die das Urheberrecht nicht verletzen.

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Bundesgerichtshof zur Haftung für illegales Filesharing volljähriger Familienangehöriger

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 08.01.2014 entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht.

Die Klägerinnen sind vier führende deutsche Tonträgerhersteller. Der Beklagte ist Inhaber eines Internetzugangs. In seinem Haushalt leben auch seine Ehefrau und deren volljähriger Sohn.

Die Klägerinnen ließen den Beklagten durch Anwaltsschreiben abmahnen; sie behaupteten, am 12. Juni 2006 seien über seinen Internetanschluss 3.749 Musikaufnahmen, an denen sie die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte besäßen, in einer Internettauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht worden. Der Beklagte gab ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Er weigerte sich jedoch, die geltend gemachten Abmahnkosten zu bezahlen.

Die Klägerinnen nehmen den Beklagten auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 € in Anspruch.

Der Beklagte macht geltend, er sei für die behaupteten Rechtsverletzungen nicht verantwortlich. Sein damals 20-jähriger Stiefsohn habe die Musikdateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht. Der Stiefsohn des Beklagten hat im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung gegenüber der Polizei eingeräumt, er habe mit dem Tauschbörsenprogramm „BearShare“ Musik auf seinen Computer heruntergeladen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerinnen 2.841 € zu zahlen, und die weitergehende Klage abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, der Beklagte sei für die Verletzung der urheberrechtlich geschützten Rechte an den Musiktiteln verantwortlich. Er habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme. Es sei ihm daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Beklagte habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht – jedenfalls nicht hinreichend – belehrt habe.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte.

Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare

LG Köln – Urteil vom 24. November 2010 – 28 O 202/10

ZUM-RD 2011, 111

OLG Köln – Urteil vom 22. Juli 2011 – 6 U 208/10

ZUM 2012, 583

BVerfG (Kammer), Beschluss vom 21. März 2012 – 1 BvR 2365/11

GRUR 2012, 601 = WRP 2012, 702

OLG Köln, Urteil vom 17. August 2012 – 6 U 208/10, juris

Karlsruhe, den 8. Januar 2014

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Filesharing: Keine Haftung des Anschlussinhabers bei möglicher Urheber­rechts­verletzung durch Haushaltsangehörige

Besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass ein Haus­halts­angehöriger über den Internetanschluss illegal ein Film zum Download bereitstellte, so haftet dafür nicht der Anschlussinhaber. Aus dem gleichen Grund ist eine Störerhaftung des Anschlussinhabers ausgeschlossen. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Charlottenburg hervor – Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 19.12.2013 – 210 C 194/13.

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