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Die Nutzung des Nachbargrundstücks nach dem Hammerschlags- und Leiterrecht

Anzeigen von beabsichtigten Arbeiten nach dem Hammerschlag- und Leiterrecht müssen Angaben zum voraussichtlichen Umfang der geplanten Arbeiten, zu deren Beginn und Dauer sowie zu Art und Umfang der Benutzung des Nachbargrundstücks enthalten. Die Anzeigen sind dabei Voraussetzung für die Ausübung des Rechts und nicht für das Bestehen eines Duldungsanspruchs. (BGH 14.12.2012, V ZR 49/12)

Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Eigentümer aneinandergrenzender Grundstücke. Die Klägerin plante Renovierungs- und Sanierungsarbeiten an der Giebelwand ihres Gebäudes, die an das von dem Beklagten genutzte Grundstück angrenzt. Im April 2009 kündigte sie dem Beklagten ihre Absicht an, näher bezeichnete Arbeiten ab der ersten Juniwoche 2009 in einem Zeitraum von zwei bis drei Wochen durchzuführen. Sie bat deshalb den Beklagten, die Nutzung seines Grundstücks einschließlich der Aufstellung eines Gerüsts zu ermöglichen. Später teilte sie ihm mit, dass die Arbeiten etwa vier Wochen andauern sollten. Der Beklagte stimmte der Nutzung des Grundstücks allerdings nicht zu.

Daraufhin beantragte die Klägerin gerichtlich die Verurteilung des Beklagten, es zu dulden, dass sie auf dem Nachbargrundstück für die Dauer von einem Monat an ihrer Hauswand ein Gerüst zur Durchführung von Sanierungsarbeiten errichten und die nötigen Arbeiten durchführen lässt. Das AG gab der Klage durch Versäumnisurteil statt; das LG entschied, dass die Duldungsverpflichtung des Beklagten unter der Bedingung steht, dass die Klägerin Art und Umfang der beabsichtigten Arbeiten im Einzelnen mindestens einen Monat vor deren Beginn schriftlich anzeigt.

Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Die bisherigen Feststellungen ergaben nicht, dass die in § 24 Abs. 1 NachbG NRW genannten Tatbestandsvoraussetzungen für einen Duldungsanspruch vorliegen.

Das in der Vorschrift geregelte Hammerschlags- und Leiterrecht gibt dem Berechtigten die Befugnis, bestimmte Arbeiten an den auf seinem Grundstück stehenden Baulichkeiten unter den in den Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer genannten Voraussetzungen von dem Nachbargrundstück aus durchzuführen. Im vorliegenden Fall wollte die Klägerin allenfalls Instandsetzungsarbeiten durchführen. Diese setzen begrifflich eine Reparaturbedürftigkeit voraus, denn reine Verschönerungsmaßnahmen, bei denen lediglich das Aussehen der Baulichkeit verändert wird, ohne dass dafür eine objektive Notwendigkeit besteht, stellen keine Instandhaltungsarbeiten dar. Die nötigen Feststellungen hatte das Berufungsgericht allerdings nicht getroffen. Dazu war es jedoch verpflichtet.

Die Anzeige der beabsichtigten Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts ist Voraussetzung für die Ausübung des Rechts, nicht für das Bestehen des Duldungsanspruchs. Verweigert der Verpflichtete – wie hier – die Nutzung, darf der Berechtigte das Recht – außer im Fall des Notstands (§ 904 BGB) – nicht im Wege der Selbsthilfe durchsetzen. Er muss vielmehr Duldungsklage erheben und darf das Nachbargrundstück erst aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung in Anspruch nehmen.

Für den Fall, dass ein Duldungsanspruch besteht, muss der Berechtigte dem Verpflichteten die Absicht, das Hammerschlags- und Leiterrecht in Anspruch zu nehmen, mindestens einen Monat vor dem Beginn der Arbeiten anzeigen. Dazu muss er sowohl den Beginn der Arbeiten nach Tag und Uhrzeit angeben als auch den voraussichtlichen Umfang der Arbeiten so genau wie möglich umreißen. Da der Verpflichtete sich auch darauf einstellen können muss, in welchem Umfang er sein Grundstück freizuhalten hat, sind Art und Umfang der beabsichtigten Grundstücksnutzung ebenfalls anzugeben. Schließlich sind Angaben zu der voraussichtlichen Dauer der Arbeiten notwendig. Zur zitierten Seite…

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Wärmedämmung darf nicht auf Nachbars Grundstück ragen

Viele Hausbesitzer möchten Energie sparen und ihre Immobilie zeitgemäß dämmen. Bei freistehenden Häusern ist das kein Problem. Sie lassen sich ringsum mit einer schützenden Dämmschicht einpacken. Was aber, wenn das Haus auf der Grenze steht? Darf der Eigentümer dann trotzdem dämmen, auch wenn die gedämmte Fassade anschließend auf Nachbars Grundstück ragt?

Nein, das darf er nicht, warnt die Kanzlei Jakobs Rechtsanwälte aus Warburg. Am 9. Dezember 2009 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe einen konkreten Fall entschieden: Der Nachbar muss eine auf sein Grundstück ragende Dämmung nicht akzeptieren (OLG Karlsruhe – 6 U 121/09).

Damit haben Millionen Hausbesitzer in Deutschland ein Problem, denn der Hausbau auf der Grenze ist typisch für alte Orts- und Stadtkerne. Vor allem in Dörfern und Kleinstädten grenzten Hofreiten in der Regel mit einer Fassade des Wohnhauses an Nachbars Grundstück. Auch die in den Nachkriegsjahren beliebten Ketten- und Atriumhäuser stehen oft mit einer Seite beim Anrainer. Soll diese Hausfront gedämmt werden, dann ragt nicht nur die Dämmung in Zukunft auf Nachbars Grund, sondern auch die Handwerker, die das System monieren, müssen zwangsläufig über Nachbars Grundstück und von dort aus arbeiten.

Dieses Problem hat der Gesetzgeber geregelt: Nachbarn haben ein so genanntes Hammerschlags- und Leiterrecht. Das heißt, sie dürfen den Grund des Anrainers betreten, um am eigenen Haus notwendige Arbeiten auszuführen – sofern es keine Alternativen gibt. Außerdem müssen die Bauherren schonend mit Nachbars Besitz umgehen und eventuelle Schäden ersetzen, gegebenenfalls sogar Miete bezahlen. Sie müssen zügig arbeiten, sich an Ruhezeiten halten und dürfen den Nachbarn nicht unnötig beeinträchtigen. Die frühzeitige Information des Nachbarn über die geplante Maßnahme liegt im Interesse des Bauherrn, denn, so warnt Rechtsanwältin Helena Jakobs aus der Kanzle Jakobs Rechtsanwälte in Warburg: Schaltet der Nachbar auf stur, darf der Bauherr sich nicht über ihn hinwegsetzen. Er muss dann sein Hammerschlags- und Leiterrecht erst einklagen.

Geregelt haben Bund und Länder auch viele Fragen der Überbauung. Unter Umständen dürfen Hausbesitzer mit Gesimsen, Fensterbänken oder anderen so genannten untergeordneten Bauteilen in den Luftraum des Nachbarn hineinbauen. Natürlich nur, sofern diese Bauteile auch genehmigt sind. Eine dicke Wärmeschicht gehört allerdings nach Ansicht des Karlsruher Oberlandesgerichts nicht zu diesen untergeordneten Bauteilen und muss deshalb vom Nachbarn auch nicht hingenommen werden.

Das Problem der grenzüberschreitenden Wärmedämmung ist noch nicht grundsätzlich geregelt, einige Länder, unter anderem Hessen, arbeiten hier an neuen Regelungen. Sanierungswillige Hausbesitzer sollten inzwischen nach Möglichkeit versuchen, sich mit ihren Nachbarn zu einigen. Ist beim Nachbar ausreichend Platz auf dem Grundstück, lässt sich möglicherweise eine Grenzregelung aushandeln. Entweder bekommt der Nachbar eine so genannte Überbaurente, oder eine Abfindung für die überbaute Fläche. Rechtsanwältin Jakobs rät, die ausgehandelte Vereinbarung unbedingt schriftlich zu formulieren und sogar ins Grundbuch eintragen zu lassen, damit sich auch spätere Grundstückseigentümer noch daran halten müssen.

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